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Wenn der OGH aufräumt – 103 Klauseln in Mietverträgen für unwirksam erklärt

Verfasserin: Mag.a Veronika Zinterl, 04/25
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Mit seiner Entscheidung zu 8 Ob 74/24a hat der Oberste Gerichtshof (OGH) über die Klage der Arbeiterkammer gegen eine Hausverwaltung hinsichtlich der Verwendung von 106 beanstandeten Klauseln in Mustermietverträgen entschieden.

Der OGH hat von den noch im Revisionsverfahren zu behandelnden 39 Klauseln des Mustermietvertrages nur 2 Klauseln für zulässig erachtet, sodass insgesamt von den 106 beanstandeten Klauseln gerade einmal 3 zulässige Klauseln übrigblieben.

Aus der Entscheidung lässt sich ableiten, dass für den OGH Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Vertragstexte entscheidend ist. Das Höchstgericht betonte erneut die Bedeutung klarer und verständlicher Formulierungen. Klauseln in einem Mietvertrag müssen sohin für den durchschnittlichen Verbraucher bzw. Mieter verständlich sein, auch dann, wenn dieser keinerlei juristische Vorkenntnisse hat.

Als Verbraucher:innen sind Mieter:innen vor der Verwendung unzulässiger und gröblich benachteiligender Klauseln durch das Konsumentenschutzgesetz sowie § 879 Abs 3 ABGB geschützt.

Die Entscheidung des OGH zeigt, wie wichtig es ist, bei der Formulierung von Mietverträgen präzise und verständlich zu sein. Bereits kleinste Unklarheiten oder unpräzise Formulierungen können dazu führen, dass eine Klausel für unwirksam erklärt wird. Auch die pauschale Überwälzung von diversen Verpflichtungen und Kosten an den/die Mieter:in mag zwar oft im Interesse des Vermieters/der Vermieterin liegen, ist im Ergebnis aber zu unkonkret.

Die Folge ist, dass die betreffende Klausel keine Wirkung entfaltet und – je nach Vertragsinhalt – entweder durch dispositives Recht ersetzt wird oder – in den meisten Fällen – sogar gänzlich wegfällt. Dies kann zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen für den Vermieter führen und auch zu Rückforderungen von bereits geleisteten Zahlungen, die auf Basis unwirksamer Klauseln geleistet wurden.

Der OGH hat unter anderem nachfolgende für die Praxis bedeutsamsten Klauseln als unzulässig angesehen:

Die Mieterseite haftet für Schäden die von ihr oder mit ihr zusammenwohnenden oder sonst von ihr in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen sowie ihren Gehilfen bzw. von ihr beauftragten Unternehmen oder ihr sonst zuzurechnenden Personen am Mietgegenstand verursacht werden.“

OGH: Die Haftung für Schäden ohne Verschulden ist gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs. 3 ABGB, weil sie eine Erfolgshaftung der Mieter:innenseite normiert, ohne dass ein Verschulden erforderlich wäre. Eine derart weitgehende Abweichung vom gesetzlichen Haftungsmaßstab benachteiligt Mieter:innen unangemessen.

Praxistipp: Beschränken Sie als Vermieter:in die Haftung auf schuldhaft verursachte Schäden.

„Der Vermieter ist verpflichtet, nach Maßgabe der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten das Mietobjekt in Stand zu halten und dem Mieter den bedungenen Gebrauch zu ermöglichen.“

OGH: Die pauschale Überwälzung von Instandhaltungspflichten auf den/die Mieter:in ist ohne sachliche Rechtfertigung gröblich benachteiligend.

Praxistipp: Erhaltungspflichten sollten grundsätzlich beim/bei der Vermieter:in verbleiben, allfällige Ausnahmen müssen klar definiert und sachlich gerechtfertigt sein. Die sachliche Rechtfertigung sollte zudem dargelegt werden.

„Dies [Anmerkung: Betriebs-, Erhaltungskosten, laufende öffentliche Abgaben und USt] sind alle auf das Mietobjekt anfallenden Lasten und Abgaben, insbesondere die Steuern, Gebühren und sonstige öffentlichen Abgaben sowie Betriebs- und sonstige Nebenkosten.“

OGH: Demonstrative Regelungen bezüglich der Betriebskosten sind intransparent, da für den/die Mieter:in nicht eindeutig absehbar ist, welche Kosten als „Betriebskosten“ allenfalls auf ihn/sie zukommen. Die Formulierung „insbesondere“ erweckt den Eindruck, dass noch weitere ungenannte Kostenarten hinzukommen könnten, ohne dass diese klar abgegrenzt werden.

Praxistipp: Verwenden Sie als Vermieter:in eine konkrete und abschließende Aufzählung der einzelnen Betriebskostenpositionen. Verzichten Sie auf demonstrative Aufzählungen.

Insgesamt ist daher vor allem beim Einsatz veralteter „Mietvertragsmuster“ besondere Vorsicht geboten bzw. sollten diese auf ihre Aktualität geprüft werden. Auch im Internet kursieren entsprechende Muster, in denen die aktuelle und strenge Judikatur des OGH nicht mitberücksichtigt wird.

Gerne beraten und unterstützen wir sowohl Mieter:innen als auch Vermieter:innen bei der Vertragserstellung oder Überprüfung Ihres Mietvertrags, sowie in allen anderen mietrechtlichen Angelegenheiten und Streitigkeiten.